Über die Auswirkungen von Beton und Zement auf das Klima ist viel geschrieben worden. Der für die Zementherstellung erforderliche Kalksandstein wird bei 1.450°C zu Zementklinker gebrannt. Zu einem Drittel ist das dabei freigesetzte CO2 brennstoffbedingt. Zu zwei Dritteln ist es prozessbedingt, denn bei der Calcinierung des Kalksteins zu Branntkalk wird CO2 abgeschieden. „Während die brennstoffbedingten CO2-Emissionen beispielsweise durch höhere Biomasseanteile in den Brennstoffen reduziert werden können, sind die prozessbedingten CO2-Emissionen der Klinkerherstellung mit heute verfügbaren Technologien nicht minderbar“, heißt es in der im Jahr 2020 vom Verein Deutscher Zementwerke e.V. (VDZ) herausgegebenen „CO2-Roadmap für die deutsche Zementindustrie“.
Es obliegt also der Bauindustrie und ihren Auftraggebern, Beton sparsamer einzusetzen. Während Cradle-to-Cradle-Ansätze und ressourcenschonendes Bauen im Hochbau ganz oben auf der Agenda stehen, liegen die Potenziale für „betoneffizienten“ Spezialtiefbau naturgemäß oft im Verborgenen. Stefan Lechelmair leitet die Stuttgarter Stump-Franki Niederlassung und kennt den Spezialtiefbau in all seinen Facetten: „Der CO2-Footprint von Baugruben und Gründungen hängt überwiegend von den eingesetzten Materialien ab. Als Technologieführer stellen wir uns der Verantwortung, nachhaltige und ressourcenschonende Lösungen zu entwickeln. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten bei Stump-Franki sind daher vollbiologische Baustoffe wie unser umweltneutrales Bioweichgel für das bereits eine bauaufsichtliche Zulassung erteilt wurde.“
Nachhaltiger Spezialtiefbau für ein nachhaltiges Stadtquartier
Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt entsteht auf 22 Hektar der neue Stuttgarter Stadtteil Neckarpark. Als „Modellprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung" wird das Mischquartier zum Wohnen, Arbeiten und Einkaufen 2.000 Menschen Platz bieten. Grundwasserschonende Bauverfahren waren zwingend vorgeschrieben, denn unterhalb des Areals fließen Mineral- und Heilwässer, die unter allen Umständen vor schädlichen Umwelteinflüssen bewahrt werden müssen. Bad Cannstatt hat nach Budapest das zweitgrößte Mineralwasservorkommen Europas, darunter mehrheitlich staatlich anerkannte Heilquellen. Seit 2002 sind sie durch eine spezielle Verordnung geschützt.
Auch das Gebäude auf dem Baufeld Q8 folgt mit begrünten Dächern, Klinkerfassaden und Innenhöfen dem Quartiersmotto „urban, lebenswert und nachhaltig“. In zwei 5- bzw. 6-geschossigen Gebäudeteilen, die über transparente Brücken verbunden sind, bietet es auf insgesamt 18.000 m2 Büro-, Dienstleistungs- und Ausstellungsflächen. Aufgrund des hoch anstehenden Mineralwassers wurde die Tiefgarage nur mit einer Ebene realisiert. Stump-Franki stellte für das Projekt eine Frankipfahl-Gründung mit minimierten Einbindelängen sowie eine umweltverträgliche Weichgelsohle her.
Die Herstellung eines Frankipfahls NG®
1909 meldete der belgische Ingenieur Edgard Frankignoul den Frankipfahl zum Patent an. Der vergrößerte Pfahlfuß brachte einen entscheidenden Vorteil: die Tragkraft ist erheblich höher als das anderer Pfahlsysteme mit vergleichbaren Dimensionen. Zur Erhöhung der Tragfähigkeit des Bodens kann – wie im Fall des Projekts Q8 – zusätzlich ohne Einsatz von Beton mittels Ausstampfen von Kies in einem definierten Bereich unterhalb und oberhalb der Pfahlabsetztiefe verdichtet werden.
Der Frankipfahl ist ein Ortbetonrammpfahl mit wiedergewonnenem Vortreibrohr, das am unteren Ende mit einem Pfropfen aus trockenem Beton- oder Kiessand wasserdicht verschlossen wird. Im Rohr schlägt ein Freifallbär auf dieses Rammpolster und treibt so das Rohr in den Boden. Ist die Solltiefe erreicht, wird der Pfropfen gelöst und die erforderliche Fußbetonmenge ausgestampft. Das Rohr ist in diesem Zustand durch das umgebende Fußmaterial abgedichtet, so dass kein Wasser eintreten kann. In einem nächsten Arbeitsschritt wird der Bewehrungskorb eingebracht, der Frischbeton eingefüllt und das Vortreibrohr wieder hochgezogen. Abschließend wird der Pfahlkopf gekappt und die Anschlussbewehrung hergestellt.
Beim klassischen Frankipfahl wird auch der Schaft mit gestampftem Beton hergestellt. Der in den 1980er Jahren entwickelte, optimierte Frankipfahl der Neuen Generation unterscheidet sich in zwei wesentlichen Verfahrensschritten: der Schaft wird mit fließfähigem Beton hergestellt und das erforderliche Volumen für den aufgeweiteten Pfahlfuß wird in Abhängigkeit von der Baugrundfestigkeit und der aufzunehmenden Pfahllast mit Hilfe von Fußbemessungskurven ermittelt, was eine optimale Anpassung an den Baugrund ermöglicht. Frankipfähle verdrängen während des Rammens das Erdreich, es muss also kein Material mit LKWs abtransportiert und entsorgt werden. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt ist auch das ein erheblicher Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Einsatz des Frankipfahl NG® sparte 650 t CO2-Äquivalent
Die Geländeoberkante des Baufelds Q8 lag bei rund +220 mNN. Zwischen + 212,87 und +211,77 mNN befindet sich oberhalb der wasserführenden Schichten eine schützende Gipskeuperschicht, zu der ein Abstand von 0,5 m eingehalten werden musste. Die Herausforderung für Gründungsarbeiten bestand darin, die Lasten mit möglichst kurzen Pfählen in die tragenden Bodenschichten aus Quartär und Neckarkiesen einzuleiten. Aufgrund der Fußaufweitung konnten die insgesamt 343 Frankipfähle NG® bei gleicher Lastabtragung kürzer hergestellt werden als alternative Großbohrpfähle, so dass die abdichtende Wirkung der Keuperschicht erhalten blieb.
Es wurden zwei verschiedene Typen Frankipfähle NG® mit Durchmessern von 51 und 61 cm und einer mittleren Pfahllänge von 3,65 m in einer Tiefe von 217,65 mNN hergestellt. Das bedeutete im Durchschnitt knapp 2 m3 Beton pro Pfahl und im Endergebnis eine Gesamtmenge von 697 m3. Im Vergleich dazu wären bei der möglichen Alternative mit 537 Großbohrpfählen bei Durchmessern von 120 cm insgesamt 2.134 m3 Beton angefallen, wobei in jeden Pfahl die doppelte Betonmenge geflossen wäre.
Auch bei der Betrachtung des CO2-Ausstoßes zeigen sich erhebliche Unterschiede. Der Einsatz von Großbohrpfählen hätte rund 650 t CO2-Äquivalente mehr verursacht. Führt man sich vor Augen, dass eine Buche rund 80 Jahre benötigt, um eine Tonne CO2 zu binden, wird klar: jede Maßnahmen zur CO2-Reduktion hilft.
Weichgelsohle mit optimalem CO2-Fußabdruck
Um einen hydraulischen Grundbruch zu verhindern und die Baugrube trocken zu halten, musste sie mit einer auftriebssicheren Dichtsohle gegen vertikal aufsteigendes Grundwasser geschützt werden. Statt einer DSV-Sohle wurde von Stump-Franki eine 0,5 m starke Weichgel-Injektionssohle empfohlen. Das emissionsarme Verfahren kommt ohne Zementeintrag in den Boden aus und reduziert die erforderlichen LKW-Transporte. Darüber hinaus fällt keine Rücklaufsuspension an.
Insgesamt 608 Injektionsbohrungen wurden für den Einbau der Injektionslanzen in einem zueinander festgelegten Abstand hergestellt. Anschließend wurde das Weichgel in die Porenräume des Baugrunds verpresst, um den Boden horizontal gegen eindringendes Wasser abzudichten. Statt die gesamte Baugrube vertikal zu umschließen, wurden um die insgesamt 57 Einzelfundamente jeweils temporäre Spundwandkästen eingebracht.
Die verwendeten Silikatgele „Stump-Silitight 69“ sind bauaufsichtlich zugelassen. Sie werden im Zweikomponentenverfahren aus 1/5 Natronwasserglas, 1/50 Härter und 3/4 Wasser hergestellt, wobei die genaue Zusammensetzung von den Bodenverhältnissen abhängt. Im Vergleich zu einer DSV-Sohle vermied die Weichgelsohle den Eintrag von 458 t Zement in den Boden. Stellt man den gesamten Materialverbrauch beider Verfahren gegenüber, ergibt sich eine Ersparnis von 250 t CO2-Äquivalente. Insgesamt wurden bei Q8 durch den Einsatz umweltschonender Verfahren 900 t CO2 eingespart. Dies zeigt, wie wichtig es ist, Nachhaltigkeit bereits in die Planung einfließen zu lassen.